Der westliche Nihilismus ist sein Untergang

„Und ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.“ – Johannes 8,32


Kaum ist zu übersehen, wie sehr die Menschen sich nach Richtung dürsten – aufgewachsen in einer
Gesellschaft, in der das Individuum im Vordergrund steht, stellt man sich die Frage: „Für was lebe ich eigentlich?“ Und die Antwort aus dem liberalen Lager: „Für dich selbst!“ – Ist ja auch kein Wunder, dass
Neo-Marxisten mit ihrer heuchlerischen Ideologie und Rechtspopulisten Boden fassen.
Diese plumpe Antwort ist ja auch kaum befriedigender als das Diätessen, welches sich ein durch das
Verfressen fettleibig gewordener Mensch nach jahrelanger „I Don’t care“ Einstellung zu sich nimmt.
Und falls Sie der Leser sich denken mag: „Was ist für ein irrsinniger Vergleich?“ Ist es das? Haben wir nicht
diese Einstellung zum Leben? Fressen wir nicht alles in uns herein, was uns „reizvoll“ und „schön“
erscheint? Was ist dann, wenn uns eine Diät aufgezwungen wird, aber nicht nur durch den Staat, sondern
durch die dynamischen Umstände des Lebens, denn sicherlich ist das Leben nicht ein Paradies, aber
selbst dies, haben einige vergessen. Und wenn es dann zum alles niederschlagenden Moment im
Leben kommt – was dann? Ich sage Ihnen was dann folgt: Chaos.


Eine Gesellschaft voller schwachen Individuen, welche nicht über ihre eigene Geschichte wissen und nicht
aus der (eigenen) Geschichte lernen kann und nicht weiß wie es ist mit Problemen zu kämpfen hat, wird leiden. Denn dann, wenn es zu dem alles niederschlagenden Moment kommt, dann wird das Individuum nicht wissen was es tun soll und folgerichtig entsteht Verdruss: Verdruss über die Ungerechtigkeit des Lebens. Verdruss über das eigene Leben, Verdruss über die Eltern, Verdruss über die Natur, Verdruss über
sich selbst. Und wer ist schuld an all dem Chaos? Er selbst? Zum großen Teil sicherlich.


Aber denken Sie wirklich, dass er das einsieht? Nein. Er wird sich rächen wollen und dies als Wunsch
nach Gerechtigkeit ausdrücken. Er wird sich rächen wollen dafür, dass Sie möglicherweise mehr
Glück haben als er und dass die Natur ihn so gemacht hat, wie er ist. Er wird dafür kämpfen, dass
Sie spüren, wie schlecht es ihm geht und nicht nur das: Das was er in seinem Leben fühlt, wird er
Ihnen zwei mal, vier mal, unendliche male zurückzahlen wollen. Ein Ausschnitt aus Fiodor
Dostojewskis Buchs „Aufzeichnungen aus dem Kellerloch“ erklärt dies am besten:


„Ich beunruhige euch, zerreiße euch das Herz, gönne keinem im Hause Schlaf! So wacht denn
gefälligst, fühlt mal mit, dass meine Zähne schmerzen! Jetzt bin ich für euch nicht mehr der Held, der
ich früher scheinen wollte, sondern einfach ein gemeines Menschlein, ein Schnapphahn am Wege.
Nun gut! Freut mich sehr, dass Ihr mich durchschaut! Mein hässliches Gestöhn widert euch wohl an?
Nur zu! werde euch gleich eine noch hässlichere Tonleiter vorstöhnen…“

Und was können Sie dafür, fragen Sie sich? – Nichts. Aber darum geht es nicht. Darum ging es nie. Es
geht nicht um Sie. Es geht darum, dass sich dieser Mensch sich an die Existenz selbst rächen will – an
dieser Welt und wenn er gerade nicht einen Amoklauf ausübt, dann wird er nach einer Instanz
suchen, die für ihn das Leben erleichtert und Ordnung in seine Welt bringt. Und falls Ihnen jetzt die
Erkenntnis gekommen ist, warum sich Menschen dem Totalitarismus zuwenden, Glückwunsch.


Vielleicht reicht die Antwort des reinen Individualismus nicht, vielleicht ist es ein Fehler, sechs
tausend Jahre westlicher Geschichte und Philosophie (ich zähle Mesopotamien und Ägypten dazu)
unseren Kindern so simpel beizubringen und ihnen zu erzählen, sie sollen selbst sehen, wie sie
klarkommen. Vielleicht reicht reiner Individualismus nicht für eine komplexe Gesellschaft, zumindest
nicht ohne eine verbindende Moral von der jeder bewusst ist.


Und was ist diese verbindende Moral? Welche ist diese allheilende Moralität, die eine Gesellschaft
braucht um zu bestehen? Nicht umsonst habe ich sechs tausend Jahre westliche Geschichte erwähnt.
Denn in Ihnen stecken die Antworten und eine davon ist sehr simpel und dennoch alles
untergrabend. Sie ist die gleiche Moral, die die Herrschaft des Christentums und die Sowjetunion
zum Fall brachte, die eigentlich jedes korrupte System jedes Mal zum Fall bringen wird:


Die Wahrheit.


Und das wissen wir, das wissen wir alle, nicht umsonst sind sie jetzt überrascht. Nur dieses ins
Gesicht zu schauen, ist schwieriger als sich tagtäglich maßlos zu überfressen. Und unseren Kindern
der Wahrheit nah zu bringen, dass das ist nicht nur eine Moral ist. Sie wird zur Pflicht, wenn wir unsere
westliche Welt erhalten wollen.


Aber von welcher Wahrheit spreche ich? Das ist die Wahrheit, die unsere Kultur über die
Jahrtausende gesammelt hat, und gerade diese wird durch den Versuch eine neue Identität zu
erschaffen zerstört und ersetzt. Und diese Wahrheit heißt:
Die Kenntnis über das Eigene unterbewusste Selbst und des Menschen an sich. Denn was steckt in
sechs tausend Jahre Geschichte?


Symbolische Geschichten und Mythen die immer eine Erkenntnis über den Menschen mit sich
brachten. Warum sind Menschen immer wieder fasziniert von Mythologie? Weil sie oftmals die
unterbewusste Antwort liefert für die Frage was wir eigentlich sind. Und der Ersatz dieser
Geschichten mit neuer Propaganda, durch „political correctnes“ ist nichts anderes als der erneute
Versuch einen „neuen Menschen“ zu erschaffen. Und wir wissen, wohin das führt. Siehe die
Sowjetunion, siehe Nazideutschland, siehe Frankreich nach der berühmten Revolution.
Und als letzter Denkanstoß:


Was war es, was Menschen immer bewundert und gleichzeitig gehasst haben, aber dennoch die
Weiterentwicklung unserer Kultur vorangebrachte? Staatliche Normen? Wirklich?
Es waren Individuen, wie Sie, wie ich. Die an sich selbst geglaubt haben. Die den Mut hatten sich
gegen die geltende Norm aufzustehen und neues zu entdecken, neu zu denken. Ist der Versuch also
eine Kultur zu erschaffen, in der der Staat Menschen bevormundet und ihnen sagt, wie sie zu denken
haben, wirklich was erstrebenswert oder nicht eher eine Rückkehr zu Zeiten vor der Aufklärung? Ist
nicht eher der Mut von einzelnen freien Individuen, ohne Bevormundung, die unsere Kultur
weiterentwickelte? Meiner Meinung nach werden staatliche Instanzen und falsche Rhetorik niemals
die Kraft der individuellen Einsicht ersetzen. Es ist der alte Spruch: „Kehr zuerst den Schnee vor
deiner eigenen Haustür, bevor du anderen darauf hinweist.“ Ein Individuum muss zuerst auf seinem
eigenen Mikrokosmos seine existenziellen Probleme lösen, um so mit dieser Kenntnis zu versuchen,
langsam Verantwortung für die größeren Probleme zu übernehmen und versuchen mit seiner Kraft
diese zu lösen. Andersherum, d.h. das „Kollektiv“ schlägt vor, wie jeder seine Probleme zu lösen hat,
wird es nicht funktionieren. Die Lösung andersherum wurde oft versucht und brachte Massenmord.
Die Lösung, die ich vorschlage, bringt einen nicht tödlichen Nachteil für den Einzelnen.

Titelbild: By Paul Merwart (1855-1902) – Agra Art, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=47288187

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