Am 08.11.2020 um 15 Uhr wird die planmäßig letzte Passagiermaschine
aus Berlin-Tegel „Otto Lilienthal“ abheben.
Doch leider wird der Öffentlichkeit aufgrund der aktuellen Pandemie nicht
in Persona an diesem Event teilnehmen. Deshalb habe ich mich zum
Abend des 07. Novembers auf den Weg nach Tegel gemacht um mich
gebührend zu verabschieden.


Tegel – Westberlins Tor zur Welt


Der aktuelle Flughafen Tegel ist der Flughafen der kurzen Wege. Ganze 15
Meter trennen Taxistand und Fluggastbrücke am Terminal A. Entworfen
von Gerkan, Marg und Partner (gmp), eröffnet am 1. November 1974, war
TXL Vorbild für eine Integration von Auto und Flugzeug. Durch die
einzigartige sechseckige Form konnte man die berüchtigten 15 Meter erst
bewerkstelligen.
Entworfen für 11,5 Millionen Fluggäste fertigte Tegel im Rekordjahr 2019
24.227.570 Millionen Passagiere ab. [1] Eine Bärenleistung, die weltweit
seines gleichen sucht.
Tegel war aber nicht nur für Millionen Berliner und Brandenburger Start
eines Urlaubs, einer Geschäftsreise oder einer FamilienWiedervereinigung,
sondern auch erster Kontakt für viele Urlauber und
Prominente mit der Stadt Berlin. Schon Kennedy, Marlene Dietrich, die
Weltmeister 2014 oder auch Barack Obama landeten in Tegel.
Er war über 50 Jahre lang Aushängeschild, Treffpunkt, Ort der Vereinten,
Ort der Getrennten.


Tegel – Eine Hassliebe


Doch trotz dieser Leistungen sind die Google-Rezensionen katastrophal.
2,7 Sterne bei 10953 Bewertungen (Stand 08.11.2020) sind beschreibend
für die Situation der letzten Jahre. Tegel war der unpünktlichste Flughafen
Deutschlands [2]. Weltweit ist er als Flughafen einer Metropole
weitabgeschlagen, nur noch unterboten von seinem Pendant im SüdOsten
Berlins.
Fehlende Investitionen, keine Anbindung ans Schienennetz und marode
Technik waren nur einige der Probleme, die einen Flughafen gelähmt
haben. Nicht selten kam es vor, das Bänder ausgefallen sind, die
Sicherheitskontrollen lange Wartezeiten hatten oder die Warteschlange
vor dem Check-in Schalter blockierten die Gänge.
Vor einer Investition wurde sich aber immer gescheut, schließlich sollte
der neue Flughafen BER zeitnah eröffnen. Doch wie wir jetzt wissen, war
dem nicht so.
So verdoppelten sich die Passagierzahlen in den Jahren 2007 bis 2019 bei
gleicher Infrastruktur.
Und trotzdem liebten die Berliner ihren Flughafen. So sehr, dass ein
erfolgreicher Volksentscheid sich für die Erhaltung und Offenhaltung von
TXL aussprach. Doch es nutzte alles nichts, da Berlin nur ein Drittel der
öffentlichen Flughafengesellschaft trägt und sich Bund und das Land
Brandenburg nicht bereiterklärten, musste der Wählerwille ignoriert
werden.


Tegel – aller Abschied ist schwer


Nun ist der Tag gekommen, um 15 Uhr geht die letzte Air-France
Maschine nach Paris Charles de Gaulle, live übertragen im RBB. Die
Airline, welche das Terminal A 1974 eröffnet hat, darf es auch
verabschieden.
Doch wie war die Stimmung am letzten Tag mit regulären Flugbetrieb?
Gemischt und offen. Viele waren ehrfürchtig vor den Erinnerungen, die
dieses Gebäude ihnen gegeben hatte. Viele waren auch traurig, weil es
eben ein Ende finden musste.
Doch auch positive Stimmen waren zu hören, man freute sich darauf
weniger Fluglärm über der Stadt oder endlich funktionierende Fließbänder
zu haben.
Für viele Berliner werden die zukünftigen Anreisen länger, dennoch
profitieren sie an den anderen Tagen durch eben diese Distanz.
Flugverkehr wird weniger allgegenwertig durch die Schließung Tegels.
Und ich bin mir sicher, sollte in 50 Jahren mal der BER geschlossen
werden, würden viele Berliner diesem Flughafen auch hinterher trauern.
In diesem Sinne sage ich Danke Tegel, Danke für 50 Jahre treue Dienste,
Danke für 50 Jahre Urlaub, Reise, Fernweh, große Emotionen, kleine
Geschichten, Prominenz und vieles mehr.
Wir werden dich nie vergessen.

Quellen:
[1]https://www.berlinairport.de/de/_dokumente/presse/basisinformationen/verkehrsstatistik/20
19/2019-12-TXL-DE.pdf
[2]https://www.tagesspiegel.de/berlin/airport-ranking-tegel-ist-derunpuenktlichste-flughafen-deutschlands/20135198.html

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